Mit der Verabschiedung der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) am 5. Januar 2023 erleben wir einen der bedeutendsten Meilensteine in der externen Berichterstattung. Grund genug, einen Blick hinter die Kulissen dieser Richtlinie zu werfen. In dieser Beitragsreihe beleuchten wir die Grundlagen der CSRD und deren Auswirkungen auf mittelständische Familienunternehmen.
Im ersten Teil der Beitragsreihe befassen wir uns mit der Einordnung und den Hintergründen der CSRD im Kontext der Nachhaltigkeit:
Die CSRD ist eingebettet in einen umfassenderen Rahmen globaler Bemühungen um Nachhaltigkeit. Ihr Verständnis erfordert daher die Einordnung in verschiedene Abkommen, Rahmenwerke und Regularien:
Die Agenda 2030 der Vereinten Nationen von 2015 bildet den Kernpunkt für weltweite Nachhaltigkeitsbemühungen. Ihre 17 Sustainable Development Goals (SDGs) umfassen diverse Ziele von Armutsbekämpfung bis hin zum Klimaschutz und bilden somit die Grundlage für nachhaltige Entwicklungsziele.
Ebenfalls 2015 wurde das Pariser Klimaabkommen verabschiedet, das darauf abzielt, die Erderwärmung möglichst auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Dieses Abkommen ist grundlegend für den globalen Nachhaltigkeitsansatz und dient als Leitfaden, der auch in der CSRD Berücksichtigung findet.
Auf europäischer Ebene reagierte die Europäische Union (EU) im Jahr 2019 mit dem European Green Deal, der das Ziel verfolgt, bis 2050 ein vollständig nachhaltiges Finanz- und Wirtschaftssystem zu etablieren. Kernstück dieses Deals ist der Aktionsplan zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums, welcher Kapitalflüsse in Richtung nachhaltiger Wirtschaftsaktivitäten lenken soll.
Diese Initiative führte zu wichtigen Regularien: Die Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR) legt Offenlegungspflichten im Finanzsektor bezüglich Nachhaltigkeit fest. Die EU-Taxonomie-Verordnung schafft ein Klassifizierungssystem für ökologisch nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten. Zusätzlich verpflichtet die Non-Financial Reporting Directive (NFRD) Unternehmen von öffentlichem Interesse mit mehr als 500 Mitarbeitenden zur Nachhaltigkeitsberichterstattung.
Im Ergebnis ersetzt die CSRD nun die NFRD und zielt darauf ab, die Qualität und Vergleichbarkeit von Nachhaltigkeitsinformationen von Unternehmen zu erhöhen. Durch die CSRD wird die Anzahl berichtspflichtiger Unternehmen sowie der Berichtsumfang deutlich erhöht – letzteres entlang einheitlicher Berichtsstandards: den European Sustainability Reporting Standards (ESRS). Außerdem ist die Nachhaltigkeitserklärung gemäß CSRD obligatorischer Bestandteil des (Konzern-)Lageberichts. Damit findet Nachhaltigkeit erstmals eine verbindliche Verankerung im Bilanzrecht mit entsprechenden Prüfpflichten und allen weiteren Konsequenzen.
Diese umfassende Struktur verdeutlicht die Integration der CSRD in den globalen Kontext der Nachhaltigkeit. Nicht zuletzt rückt die CSRD die Nachhaltigkeitsberichterstattung auf dieselbe Ebene wie finanzielle Berichterstattungen und markiert somit einen bedeutenden Meilenstein für eine umfassende und standardisierte Nachhaltigkeitsberichterstattung in der EU.
Angesichts all dieser regulatorischen Maßnahmen drängt sich unweigerlich die Frage auf: Wozu all diese Bemühungen?
Die Ausgangslage wird von den Vereinten Nationen wie folgt beschrieben: Milliarden Menschen leben weiterhin in anhaltender Armut und sind von einem Leben in Würde ausgeschlossen. Gleichzeitig ist es unbestreitbar, dass wir in Gefahr sind, uns zu spät an den Klimawandel anzupassen. Wir könnten also die erste Generation sein, die die Armut beendet, und sind vielleicht die letzte, die eine Chance hat, sich an den Klimawandel anzupassen.
Angesichts dieser gewaltigen Herausforderung wurde schnell klar, dass öffentliche Mittel allein nicht ausreichen würden. Daher ist es erforderlich, private Geld- und Kapitalströme in nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten zu lenken – dies bildet das Fundament der SFDR, den Offenlegungspflichten für Finanz- und Kreditinstitute.
Trotz dieser Initiative bestand weiterhin ein bedeutsames Problem: Ein Mangel an Transparenz bei Finanz- und Kreditinstituten darüber, welche Unternehmen tatsächlich nachhaltig wirtschaften. Folglich war es unerlässlich, die Offenlegungs- und Berichtspflichten für Nachhaltigkeitsinformationen auf Unternehmensebene zu verschärfen, was letztlich zur Entstehung der EU-Taxonomie-Verordnung und schließlich der CSRD führte.
Diese Entwicklung unterstreicht die Notwendigkeit, warum die CSRD die Anzahl berichtspflichtiger Unternehmen und den Umfang der Berichterstattung erheblich erweitert hat. Damit steigt die Transparenz bezüglich der Nachhaltigkeit von Unternehmen. Gleichzeitig werden Finanz- und Kreditinstitute durch ihre eigenen Offenlegungspflichten dazu angehalten, vermehrt in nachhaltige Unternehmen zu investieren. Infolgedessen wird Nachhaltigkeit für erfolgreiche Unternehmen zukünftig weniger eine Option sein, sondern vielmehr eine unverzichtbare Säule verantwortungsbewusster Unternehmensführung darstellen.
Die Nachhaltigkeitsberichterstattung nach CSRD und ESRS stellt zweifelsohne eine zusätzliche Dokumentationspflicht dar und bringt für Unternehmen einen nicht zu vernachlässigenden Zusatzaufwand mit sich. Die strikte Einhaltung dieser Richtlinien ist unabdingbar und unterliegt der Prüfung im Rahmen des Bilanzrechts – letztlich ist sie ein rechtlicher Akt mit weitreichenden Konsequenzen. Nicht zuletzt wird die Genauigkeit und Transparenz dieser Berichte auch von Umweltaktivisten, NGOs und weiteren Organisationen genau verfolgt werden, die daraus möglicherweise ebenfalls Konsequenzen ziehen.
Weder die CSRD noch die ESRS legen fest, wie ein Unternehmen in Bezug auf Nachhaltigkeit agieren sollte. Doch durch die bloße Erhöhung der Transparenz im Hinblick auf Nachhaltigkeit setzen sie erheblichen Druck auf Unternehmen. Schlussendlich werden diese Richtlinien dazu führen, dass Unternehmen ihre Geschäftsmodelle in Richtung Nachhaltigkeit überdenken müssen. Dies umfasst die strategische Ausrichtung, die Neugestaltung von Prozessen, die Integration nachhaltigkeitsbezogener Aspekte über die gesamte Liefer- und Wertschöpfungskette hinweg sowie das Risikomanagement im Bereich Nachhaltigkeit.
Letztendlich geht es um die Sicherstellung der zukünftigen Wettbewerbsfähigkeit: Dies beinhaltet eine klare Positionierung gegenüber Kunden und Lieferanten, die selbst verstärkt nachhaltiges Handeln einfordern. Auch die Attraktivität als verantwortungsvoller Arbeitgeber spielt hierbei eine bedeutende Rolle, insbesondere in Zeiten des Fachkräftemangels. Ein nachhaltig aufgestelltes Unternehmen wird zukünftig wesentlich einfacher Zugang zu Finanzmitteln erhalten. Speziell im Zusammenhang mit Familienunternehmen wird nachhaltig verantwortungsvolles Handeln zum Ansehen des Unternehmens und der Unternehmerfamilie beitragen – sowohl lokal als auch überregional. Bei der Integration von Nachhaltigkeit in den Unternehmensweck geht es also um die langfristige Steigerung der Überlebensfähigkeit von Unternehmen – und die CSRD und ESRS bieten einen Rahmen, um sich systematisch und ganzheitlich mit den ebendiesen Themen der Nachhaltigkeit auseinanderzusetzen.